Ein Kommentar von Heinz Helge Fach: Die nächste Bundesregierung unter dem designierten Bundeskanzler Friedrich Merz hat, egal in welcher Zusammensetzung, bei den Schülern unserer Schule keine Mehrheit. 209 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 10 beteiligten sich an der Juniorwahl zur Bundestagswahl an unserer Schule, was einer Wahlbeteiligung von knapp 83 % entspricht.
Während die AfD am rechten Rand des politischen Spektrums schon seit 2 Jahren knapp 30% erreicht und auch bei der Bundestagswahl in Bad Emstal mit fast 23% besser als im Bund abschnitt, hat sich am anderen Ende mit den Linken, die wie ein Phönix aus der Asche aufgestiegen sind, und dem Bündnis Sahra Wagenknecht mit zusammen knapp 28% ein ebenbürtiger linker Gegenpolgebildet. Die Linken gingen bei der bundesweiten Juniorwahl völlig überraschend als stärkste Partei hervor. Auch in meiner Klasse 7 sah der Wahl-O-Mat die Linken auffallend oft ganz oben. Es bleibt offen, ob die drei Parteien auch deshalb so gut abschneiden, weil Alice Weidel, Heidi Reichinnek und Sahra Wagenknecht auf TikTok ständig präsent sind oder weil es die etablierten Regierungsparteien nicht schaffen, die Probleme zu lösen, die den Schülern auf den Nägeln brennen.
Versprechungen, in Bildung zu investieren, werden zu jeder Wahl regelmäßig wiederholt, auch bei unseren beiden Veranstaltungen mit den Kandidierenden im Bad Emstaler Wahlkreis. Aber in der Realität müssen die finanzschwachen Kommunen und Landkreise Millionen bei Schulen einsparen und auch sonst bleibt für Angebote für Jugendliche kaum noch finanzieller Spielraum. Parteien, die keine Aussicht auf Regierungsverantwortung haben, tun sich leichter, den Finger in die Wunde der tatsächlich vorhandenen Probleme zulegen und mit maximalen Forderungen ohne Rücksicht auf deren Durchsetzbarkeit und Finanzierbarkeit zu punkten.
Außer der SPD, die auch bei den Erwachsenen in Bad Emstal überdurchschnittlich gut abschneidet, müssen alle Parteien der Mitte gegenüber der Europawahl vor einem dreiviertel Jahr Federn lassen. Die CDU wird fast halbiert, obwohl der Direktkandidat Jan-Wilhelm Pohlmann bei den Erststimmen deutlich besser abschneidet. Beim Gespräch mit Schülern fällt mir auf, dass viele junge Menschen mit dem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz nicht viel anfangen können. Die Grünen, vor wenigen Jahren bei Juniorwahlen bundesweit noch ganz vorn, können auf dem Land überhaupt nicht mehr punkten und erhalten gerade mal noch 7 Stimmen oder 3%. Noch schlimmer trifft es die FDP, die aufgrund ihres Digitalisierungsversprechens 2021 knapp 20 % an unserer Schule erhielt. Mit nur noch 2 Stimmen landet sie hinter der Tierschutzpartei.
Die Diskussion über das Wahlergebnis muss nun auch im Unterricht fortgesetzt werden. Erinnern wir uns an die Bedeutung des Wortes „Demokratie“: „Es handelt sich um eine Regierungsform, die vom Volk aufgebaut wird und für das Volk arbeitet.“ Wer gewählt wird, sollte demnach die Interessen und Wünsche der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung überparteilich umsetzen. Dies nicht zu tun, ist eine Gefahr für die Demokratie und sorgt für das Erstarken der politischen Extreme, die einfache Lösungen für komplexe Sachverhalte anbieten. Die neue Regierung muss nun die Chance nutzen, drängende Probleme zu lösen und das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Sonst droht die Spaltung der Gesellschaft nach amerikanischem und unsichere politische Machtverhältnisse nach österreichischem Vorbild. Die Mehrzahl der Schüler hat sich bundesweit schon aus der Mitte zurückgezogen.
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